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Lou

Liebschaften

 

Liebeleien

Lou und K. Ssawélij

Nachdem Lou auf Drängen ihres Ehemanns im Februar 1894 ihre Liebesbeziehung zu Georg Ledebour abbrechen musste und sich in den darauffolgenden Auseinandersetzungen von ihrem Ehemann innerlich für immer getrennt hatte, manifestierte sich diese Trennung auch darin, dass sie ihn oft allein ließ und auf die Reise ging. So verließ sie ihn zum Beispiel im Februar 1894 für ein halbes Jahr und ging nach Paris. Hier lernte sie ein reges literarisch-künstlerisches Leben kennen und schätzen und begegnete einer ganzen Menge von prominenten Künstlern und Persönlichkeiten, darunter auch zum Beispiel Frank Wedekind und Knut Hamsun. Eine unbekannte Figur jedoch, die sie in der russischen Kolonie unter den Emigranten kennenlernte, war der junge russische Arzt K. Ssawélij. Er war bei der Ermordung von Zar Alexander II mitverdächtigt worden und hatte vier Jahre Zwangsarbeit in Sibirien hinter sich [Lebensrückblick, S. 102].

Zwischen Lou und Wedekind entsteht eine flüchtige Freundschaft. Sie arbeiten auch zusammen und fassen den Plan, gemeinsam ein Drama zu schreiben. Dieses Drama, von dem sonst weiter nichts bekannt ist, soll Lou zu Ende geschrieben haben während ihres Aufenthalts in einer Almhütte in der Schweiz im Spätsommer 1894, wohin sie wegen Sommerhitze aus Paris geflüchtet war. Kurz entschlossen, verlässt sie nämlich im August 1894 zusammen mit dem jungen Arzt Ssawélij Paris, um der Großstadthitze zu entkommen. Sie ergreifen ein Billigangebot und fahren mit dem Feriensonderzug nach Zürich. In dieser Gegend ersteigen sie ein Gebirge und suchen die genannte Hütte auf einer Alm auf und verbringen dort drei Wochen allein. Sie leben dort nur von Milch, Käse, Brot und Beeren. Lou arbeitet an ihrem - verschollenen - Drama. Am 9. September kehren sie braungebrannt nach Paris zurück. Weiteres über diesen Aufenthalt außer Lous Tagebuchbemerkung, dass er ein feiner Gefährte gewesen sei, und einer kurzen Geschichte über eine Wanderung im Brombeergestrüpp, die sie erzählt [Lebensrückblick, S. 103], ist nicht bekannt. Es wird dennoch spekuliert oder vermutet, dass es in diesen drei Wochen zu einer spontanen Liebesbeziehung gekommen sein muss, so dass die Frage aufgeworfen wird: War dieser Russe, und nicht erst Friedrich Pineles, der erste Mann in ihrem Leben? [siehe Peters, 1964, S. 231].