Übertragungen
Elizabeth Barrett-Browning: Sonette aus dem Portugiesischen |
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Elizabeth Barrett-Browning (1806-1861), eine englische Dichterin im viktorianischen Zeitalter, heiratete den sechs Jahre jüngeren Dichter Robert Browning, nachdem er wegen ihrer ansprechenden Lyrik die Begegnung mit ihr gesucht und sich in sie verliebt hatte. In der Zeit ihrer vorsichtigen Annäherung schrieb sie 44 Liebesgedichte höchster dichterischer Qualität, die Rilke 1907 ebenso meisterhaft ins Deutsche übertragen hat. Ihr Titel "Sonette aus dem Portugiesischen" war eine beabsichtigte Irreführung durch die Dichterin selbst, damit sich die Leser unvoreingenommen auf die Gedichte und ihre Qualität konzentrieren konnten. |
Sonett Nr. XXII
Wenn schweigend Angesicht in Angesicht,
sich unsre Seelen ragende Gestalten
so nahe stehn, daß, nicht mehr zu verhalten,
ihr Feuerschein aus ihren Flügeln bricht:
was tut uns diese Erde dann noch banges? Kaum; -
sie schütteten uns Sterne des Gesanges
in unsres Schweigens lieben tiefen Raum.
Nein, laß uns besser auf der Erde bleiben,
wo alles Trübe, was die andern treiben,
die Reinen einzeln zueinander hebt.
Da ist gerade Platz zum Stehn und Lieben
für einen Tag, von Dunkelheit umschwebt
und von der Todesstunde rund umschrieben.
Das englische Original:
When our two souls stand up erect and strong,
Face to face, silent, drawing nigh and nigher,
Until the lengthening wings break into fire
At either curvèd point, -- what bitter wrong
Can the earth do to us, that we should not long
Be here contented? Think! In mounting higher,
The angels would press on us and aspire
To drop some golden orb of perfect song
Into our deep, dear silence. Let us stay
Rather on earth, Belovèd, -- where the unfit
Contrarious moods of men recoil away
And isolate pure spirits, and permit
A place to stand and love in for a day,
With darkness and the death-hour rounding it.